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Offensive Tanz

Tanzbotschafterin Mira

10 Jahre Club Oval – Crossover Dance Battle

Ein Erlebnisbericht

Der Club Oval ist ein Crossover Dance Battle, das seit zehn Jahren von TanzZeit / TANZKOMPLIZEN ausgerichtet wird. Unsere Tanzbotschafterin Mira war bei der Birthday Edition im Oktober 2023 dabei und hat ihre Eindrücke für uns festgehalten.

Buntes Licht flimmert durch die Zuschauermenge, einige Leute sichern sich bereits die besten Plätze um die ovalförmige Bühne herum. Es handelt sich um Menschen der verschiedensten Altersgruppen, zusammengekommen an diesem Abend für ein gemeinsames Interesse: um zuzuschauen, sich mitreißen zu lassen. Draußen prasselt der Regen auf die dunklen Straßen, orangenes Laternenlicht reflektiert wie Fanta in den frischen Pfützen, und die Schlange vor dem Eingang des Podewils wächst.

Der Vorraum zwischen Tür und Tresen, in welchem die Hereindrängenden auf Einlass warten, steht an der kippeligen Grenze zwischen windig hereinbrechender Nacht draußen und ausgelassener Partystimmung drinnen, wo man für ein paar Stunden lang alles andere vergessen kann. Hineingezogen in die sich auf dem Boden platzierende Menschenmenge, gute Musik und brisanten Tanz. Nur ein neongrünes Band ums Handgelenk und schon kann man sich unter die Anwesenden mischen! Leute reden und lachen durcheinander, bestellen Getränke oder streiten um die Sitzkissen. Im hinteren Teil des Raumes stehen einige Tänzer:innen beieinander, sammeln sich vor dem Auftritt noch einmal oder gehen im Stillen ihre Schritte durch.

Club Oval
© René Löffler

Und dann betritt die Moderatorin die Bühne, gekleidet heute in einen von buntem Glitzer übersäten Hosenanzug. Das passt. Denn bei diesem Club Oval handelt es sich nicht nur um ein gewöhnliches Battle, sondern tatsächlich um dessen 10. Geburtstag. Ein durchaus feierlicher Anlass also. Zudem hat auch die Jury noch eine Überraschung auf Lager, denn anders als sonst stellen sich die zwei dem Publikum durch eine eigene Tanzeinheit vor! Dann folgt die Nennung des heutigen DJs und schon betritt die erste der im Vorhinein angemeldeten Tanzgruppen die Bühne.

Es handelt sich um drei Tänzer:innen aus dem Zeitgenössischen, einem Stil, der bei solch einem Battle nicht zu kurz kommen darf. Darauf folgen drei mit ungeheurer Energie und Präzision aufeinander abgestimmte Frauen, denen sich eine Gruppe aus nur zwei Tänzer:innen anschließt, die trotz der Erkrankung ihres dritten Mitgliedes am heutigen Abend auftreten. Ihr Stück ist von mehreren schauspielerischen sowie experimentellen Einheiten durchzogen, als Requisite dient ein weißes Band, mit dem sie sich am Ende in aller Dramatik erhängen.

Und alle tanzen. Teils wild und ausgelassen, teils eher nervös und unbehaglich. Schaut ihnen jemand zu? Stehen sie nun selbst im Scheinwerferlicht?

Nun ist wieder ein kurzer Vortrag an der Reihe, bei dem es um die Geschichte des Club Ovals, in Bezug auf dessen runden Geburtstag geht. Auch ein kurzes Video wird zu diesem Zweck an eine am Rande aufgespannte Leinwand projiziert. Selbiges wurde ursprünglich zum dritten, bzw. fünften Geburtstag des Club Ovals erstellt, macht aber immer noch - oder gerade deshalb - großen Spaß anzuschauen. Jetzt Tanzpause. Das bedeutet sowohl eine Pause der auftretenden Tänzer*innen, als auch eine Aufforderung ans Publikum selbst die Tanzfläche zu nutzen.

Ein zuvor noch sorgsam umgangener Ort wird nun von Menschen gestürmt. Und alle tanzen. Teils wild und ausgelassen, teils eher nervös und unbehaglich. Schaut ihnen jemand zu? Stehen sie nun selbst im Scheinwerferlicht? Na was soll’s. Es läuft Musik, das ist die Hauptsache. Und alle anderen tanzen auch. Außerdem, was gibt es besseres als bei einem Battle einmal selbst auf der Bühne zu stehen, ohne wirklich auf der Bühne zu stehen?

Club Oval Crossover Dance Battle
© René Löffler

Nach der Pause geht es mit den Solos weiter. Einzelne Tänzer:innen improvisieren nun zu teils unbekannter Musik, lassen sich von den Noten überraschen und überraschen ihrerseits das Publikum mit ihren Darstellungen. Die verschiedenen Tanzstile der Darsteller:innen brauchen teils nur Sekunden, um sich mit der Beschaffenheit der ihnen zugeteilten Songs zu befreunden. Und schon verschmelzen sie miteinander, werden ein und dasselbe. So als wäre nicht der Tanz auf die Musik sondern die Musik auf den Tanz abgestimmt. Schließlich ist dieser stetig veränderliche Sound das einzige Gesetz, dem er sich beugen muss, mit dem die ansonsten bedingungslose Kunst des Tanzes ein Ganzes zu bilden hat. Doch im Grunde stellt das keine Schwierigkeit dar - im Gegenteil. Denn die zwei Elemente Tanz und Musik sind nicht nur aufeinander angewiesen, sie bauen aufeinander auf. Sowie ein guter Song in seiner Qualität dadurch besticht, dass er im Gehör der Leute den Drang nach tänzerischer Gestik, nach Bewegung noch so kleiner Art entfacht, so benötigt der Tanz die Musik mit der gleichen Dringlichkeit, wie reines Glas einen silbern beschichteten Untergrund, um als Spiegel fungieren zu können. Als Spiegel der Gefühle, in diesem Fall, oder als was immer man Tanz auch sehen mag.

Club Oval
© René Löffler

Nach den Solos gibt es wieder eine Pause. Und tatsächlich wird nun ein gigantischer Kuchen auf die Bühne getragen, geschmückt mit zwei goldenen Luftballons, welche die Ziffer 10 bilden. Natürlich ist es kein echter Kuchen, sondern vier aufeinander gestapelte Päckchen, umwickelt mit glitzerndem Geschenkband und beklebt mit Unmengen von Schokoriegeln. Mit Liebe gebacken, so heißt es. Und jeder darf sich etwas nehmen. Selbstverständlich dauert es nicht lange, bis all die Schokolade verschwunden sind, und schon geht es weiter mit der nächsten Kategorie: Duette.

Allerdings keine einstudierten, sondern wild improvisierte. Das Prinzip funktioniert folgendermaßen: Zwei Personen aus dem Publikum ziehen jeweils einen Zettel, und verlesen die Namen von zwei der bereits aufgetretenen Darsteller:innen. Diese ziehen noch einen weiteren Zettel und wählen somit einen Stil. Das ist meiner Meinung nach der beste Teil des Abends, wenn zwei wildfremde Menschen aufeinandertreffen und sich in wenigen Minuten zum Teil so vertraut werden, wie unter anderen Umständen in Wochen nicht. Und es entstehen ein paar wirklich witzige Situationen, wie zum Beispiel als das eine Duo ausgerechnet Hardrock aus den Kategorien zieht, oder als ein anderes erstmal versuchsweise HipHop in den Raum wirft, obwohl auf dem Zettel nichts anderes als Klassisch zu lesen steht. Die beiden machen nun einen auf Schwanensee und tänzeln mit übertriebener Dramaturgie im Raum umher.

Tanzbotschafterinnen
Die beiden Tanzbotschafterinnen Celine und Mira bei der Birthday Edition des Club Oval

Schließlich muss die Jury eine Entscheidung treffen. Muss diejenigen verkünden, die heute Abend noch ins Finale kommen. In der Kategorie Solotänzer:innen stehen zwei der Favoriten fürs Finale schon fest, zwei weitere müssen erst noch einmal vortanzen.

Und nachdem das geklärt ist, tanzen sie alle drei noch einmal vor. Es ist ihre Gelegenheit das Publikum auf ihre Seite zu ziehen, denn dieses trifft im Endeffekt auch die Entscheidung, wer von ihnen gewinnen darf. Also legen sie sich ins Zeug, und das alle mit ihrer eigenen Methode. Füllen die Bühne mit ihrem Tanz und lassen Wellen von Energie über den Rand ins Publikum schwappen wie aufgewühlte Gischt. Ein Kandidat bezieht sogar immer wieder Gegenstände aus dem Publikumsbereich mit ein, schnappt sich zum Beispiel ein Handy mit laufender Videokamera und schwenkt es auf der Bühne hin und her. Doch so verschieden ihre Darstellungen auch sein mögen, sie tanzen alle zu dem gleichen Song.

Und dann ist es so weit: Das Publikum darf jetzt entscheiden. Jede Person kann seinem Favoriten eine Stimme zukommen lassen, indem sie sich in die ihm zugeordnete Ecke des Raumes stellt, und darauf wartet, dass gezählt wird.

Es dauert ein wenig, doch schließlich steht die Siegerin fest. Auch für Teams und Duos werden die Gewinner:innen nun von der Jury verkündet, obwohl es ihnen manchmal deutlich schwer zu fallen scheint, die Hoffnungen der Übrigen zu zerstören.

Doch auch wer nicht gewinnt, bereut sicher nicht, angetreten zu sein, und einen großen Applaus bekommen alle. Die Sieger:innen erhalten überdies noch einen Geldbetrag als „Preisgeld“ und  der 10. Geburtstag des Club Ovals wird offiziell für beendet erklärt. Streifen bunten Lichtes bedecken den Boden wie Luftschlangen, und draußen regnet es immer noch.

Wenn ihr mehr über den Club Oval erfahren oder selbst dabei sein wollt, informiert euch unter tanzkomplizen.de über aktuelle Termine.

Wenn ihr selbst Tanzbotschafter:in werden wollt, schaut euch gerne unsere Ausschreibung an.